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Zielgerichtete Therapie des fortgeschrittenen NSCLC

Neue Daten zu Erlotinib und Bevacizumab vorgestellt

Berlin (26. Februar 2010) – Beim fortgeschrittenen NSCLC zählt die zielgerichtete Therapie mit Erlotinib (Tarceva®) oder Bevacizumab (Avastin®) heute zu den etablierten Therapieoptionen und wird daher in der kürzlich publizierten interdisziplinären S3-Leitlinie empfohlen. Eine weitere Verbesserung der Therapieergebnisse lassen die beim Deutschen Krebskongress präsentierten Daten der SATURN (Sequential Tarceva in Unresectable NSCLC)-Studie erwarten. Danach profitieren nicht nur Patienten mit aktivierenden EGFR-Mutationen, sondern auch solche mit EGFR-Wildtyp von der First-Line-Erhaltungstherapie mit Erlotinib (1).

Nach erfolgreichem Abschluss einer First-Line-Chemotherapie wird üblicherweise eine Therapiepause eingelegt. Häufig kommt es hierbei allerdings innerhalb kurzer Zeit zum Progress mit dramatischer Verschlechterung des Allgemeinzustands. Eine Second-Line-Therapie lehnen viele Patienten in dieser Situation ab und verzichten damit auf eine anerkannte Therapieoption. „Aktuellen Studiendaten zufolge erhalten circa 50 % der Patienten keine Zweitlinien-Therapie“, beschrieb Prof. Martin Wolf vom Klinikum Kassel die unbefriedigende Situation.

First-Line-Erhaltungstherapie mit Erlotinib

Große Hoffnungen werden daher in die für Ende Mai erwartete Zulassung von Erlotinib zur First-Line-Erhaltungstherapie gesetzt. Basis der beantragten Zulassungserweiterung sind die Ergebnisse der Phase-III-Studie SATURN, in der Patienten im Stadium IIIB/IV im direkten Anschluss an eine erfolgreiche First-Line-Chemotherapie mit Erlotinib oder Placebo weiterbehandelt wurden (2, 3).

Bei Erhalt der Lebensqualität erhöhte Erlotinib den Anteil der Patienten, die nach 24 Wochen progressionsfrei waren, von 17 auf 31 % und reduzierte das Progressionsrisiko um 29 % (HR 0,71; p < 0,0001). Patienten mit aktivierenden EGFR-Mutationen profitierten mit einer Abnahme des Progressionsrisikos um 90 % erwartungsgemäß am stärksten von Erlotinib (HR 0,10; p < 0,0001), der PFS-Vorteil war aber auch bei den in Europa dominierenden Patienten mit EGFR-Wildtyp signifikant (HR 0,78; p = 0,0185).

Überlebensvorteil auch bei Patienten mit EGFR-Wildtyp

Auch Patienten ohne aktivierende EGFR-Mutationen hatten einen statistisch signifikanten Überlebensvorteil von der First-Line-Erhaltungstherapie mit Erlotinib. Der orale EGFR-Inhibitor reduzierte das Sterberisiko um 23 % (HR 0,77; p = 0,0243) und verlängerte das mediane Gesamtüberleben von median 10,2 auf 11,3 Monate. In der prognostisch günstigen Gruppe der Patienten mit aktivierenden EGFR-Mutationen wurde das mediane Gesamtüberleben bisher noch nicht erreicht.

Bestätigt wurde die gute Wirksamkeit von Erlotinib bei Patienten mit EGFR-Wildtyp durch die Ergebnisse einer kürzlich publizierten Phase-II-Studie, in der chemotherapeutisch vorbehandelte Patienten mit nachgewiesenem EGFR-Wildtyp (keine Mutationen in Exons 18, 19, 20 und 21) mit Erlotinib behandelt wurden (4). Trotz der ungünstigen Prognose lebten diese Patienten median 9,2 Monate.

First-Line-Therapie mit Bevacizumab

Den Nutzen von Bevacizumab in der First-Line-Therapie belegten die Phase-III-Studien E4599 und AVAiL (AVAstin in Lung Cancer), in denen der VEGF-Antikörper jeweils mit einer platinhaltigen Dublette kombiniert wurde (5, 6). In der E4599-Studie zeigten Patienten, die mit Bevacizumab plus Chemotherapie behandelt wurden, erstmals eine mediane Überlebensdauer von 12,3 Monaten, verglichen mit 10,3 Monaten bei Chemotherapie allein. Übereinstimmend zeigten beide Studien nicht nur eine statistisch signifikante Verbesserung der Ansprechraten, mit konsistent über 6 Monaten war auch das mediane progressionsfreie Überleben signifikant besser als bei alleiniger Chemotherapie.

Bislang unerreichter Überlebensvorteil beim Adenokarzinom

Dass durch prätherapeutische Selektion der Patienten die Therapieergebnisse noch weiter verbessert werden können, verdeutlichte eine prospektiv geplante explorative Sub-gruppenanalyse der E4599-Studie (7). Bei Patienten mit Adenokarzinom verbesserte Bevacizumab das mediane Gesamtüberleben erstmals um fast 4 Monate auf über 14 Monate (14,2 vs. 10,3 Monate).

Bevacizumab auch im klinischen Alltag sicher und effektiv

„Für Patienten in der täglichen Routine bestätigten die aktuellen Ergebnisse der SAiL (Safty of Avastin in Lung)-Studie die konsistent gute Wirksamkeit und Sicherheit von Bevacizumab in der First-Line-Therapie“, sagte Prof. Frank Griesinger vom Pius-Hospital in Oldenburg. Von den inzwischen 2.172 Patienten, die den Angiogenesehemmer in Kombination mit unterschiedlichen Chemotherapie-Schemata erhielten, bekamen 74 % eine Basismedikation, überwiegend gegen kardiovaskuläre Erkrankungen (32 %) (8).

Blutungsereignisse vom Grad ≥ 3 traten bei 3,6 % der Patienten auf, meistens handelte es sich dabei um Nasenbluten (8). Pulmonale Hämorrhagien und ZNS-Blutungen vom Grad ≥ 3 wurden im Gesamtkollektiv bei 0,7 bzw. 0,1 % der Patienten berichtet, wobei die Inzidenz bei älteren Patienten über 65 Jahre (n = 610) mit 0,7 % bzw. 0,2 % ähnlich niedrig war (9).

Mit einer Krankheitskontrollrate von 89,5 % sprachen Ältere in der täglichen Routine ebenso gut auf Bevacizumab an wie Jüngere (DCR 88,6 %). Auch das mediane PFS, das in beiden Gruppen länger als 7,5 Monate war, sowie das mediane Gesamtüberleben (jeweils 14,6 Monate) zeigten für ältere Patienten im klinischen Alltag einen ähnlich großen Benefit wie für Jüngere. Die SAiL-Daten bestätigten damit zugleich die Wirksamkeitsergebnisse der Studien ECOG4599 und AVAiL.

Empfehlungen in aktueller S3-Leitlinie

Aufgrund der konsistent guten Wirksamkeit und Verträglichkeit wurde Bevacizumab in die Empfehlungen der kürzlich veröffentlichten S3-Leitlinie zur Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms aufgenommen (10). Danach soll der VEGF-Antikörper – unter Berücksichtigung der Kontraindikationen – in der Erstlinienbehandlung zusätzlich zu einer platinbasierten Kombinationschemotherapie eingesetzt werden (Empfehlungsgrad B). Der orale EGFR-Inhibitor Erlotinib wird zur Zweitlinientherapie empfohlen (Empfehlungsgrad A).

Quellen

  1. 29. Deutscher Krebskongress, Satellitensymposium der Roche Pharma AG „Zielgerichtete Therapieoptionen bei fortgeschrittenen NSCLC – Was gibt es zu beachten?“, Berlin, 26. Februar 2010
  2. Cappuzzo F et al., ASCO 2009, Abstract 8001
  3. Brugger W et al., WCLC 2009, Abstract B9.1
  4. Yoshioka H et al., J Thorac Oncol 2010;5: 99-104
  5. Sandler A et al., N Engl J Med 2006;355: 2542-50
  6. Reck M et al., J Clin Oncol 2009;27: 1227-34
  7. Sandler A et al., IASCL Chicago Multidisciplinary Symposium in Thoracic Oncology 2008, Poster 133
  8. Dansin E et al., ECCO/ESMO 2009, Abstract P-9168
  9. Garrido P et al., ECCO/ESMO 2009, Abstract P-9170
  10. www.ogp.at/aus_und_fortbildung/publikationen/2009/ S3_Leitlinie_Lungenkarzinom.php


Quelle: Roche Pharma (medical relations) (tB).

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