MEDIZIN
AWARDS
Forschergeist gefragt: 14. Novartis Oppenheim-Förderpreis für MS-Forschung ausgelobt
FernstudiumCheck Award: Deutschlands beliebteste Fernhochschule bleibt die SRH Fernhochschule
Vergabe der Wissenschaftspreise der Deutschen Hochdruckliga und der Deutschen Hypertoniestiftung
Den Patientenwillen auf der Intensivstation im Blick: Dr. Anna-Henrikje Seidlein…
Wissenschaft mit Auszeichnung: Herausragende Nachwuchsforscher auf der Jahrestagung der Deutschen…
VERANSTALTUNGEN
Wichtigster Kongress für Lungen- und Beatmungsmedizin ist erfolgreich gestartet
Virtuelle DGHO-Frühjahrstagungsreihe am 22.03. / 29.03. / 26.04.2023: Herausforderungen in…
Pneumologie-Kongress vom 29. März bis 1. April im Congress Center…
Die Hot Topics der Hirnforschung auf dem DGKN-Kongress für Klinische…
Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2023 startet am 14.3.
DOC-CHECK LOGIN
Alkohol-bedingtes Leberversagen in der Pandemie
Frankfurt am Main (22. Juni 2021) — Ärztinnen und Ärzte des Leberzentrums am Universitätsklinikum Frankfurt haben Zahlen zu Patienten mit akut-auf-chronischem Leberversagen ausgewertet. Es zeigt sich: 2020 gab es mehr als doppelt so viele Fälle in Folge von Alkoholkonsum als in den Vorjahren.
Beim akut-auf-chronischen Leberversagen (ACLF) verschlechtert sich zunächst die Leberfunktion, dann beginnen weitere Organe zu versagen. Viele Patientinnen und Patienten sterben. Es tritt auf, wenn eine bestehende Lebererkrankung sich durch einen externen Auslöser rapide verschlechtert. Das kann beispielsweise Alkohol sein, aber auch eine Infektion. Da es aktuell keine spezifische Behandlungsmöglichkeit für das ACLF gibt, endet die Krankheit für viele Betroffene tödlich.
Ärztinnen und Ärzte des Universitären Leberzentrums Frankfurt haben nun in einer Studie einen deutlichen Anstieg festgestellt. Auf der Intensivstation des Leberzentrums wurden im vergangenen Jahr deutlich mehr Patienten mit schwerem akut-auf-chronischen Leberversagen aufgrund von Alkoholkonsum behandelt als jeweils in den drei Vorjahren. Rund 70 Prozent dieser Patienten starben. Der Anstieg korreliert erkennbar mit der Einschränkung der sozialen Kontakte im Rahmen der Pandemiebekämpfung.
Ihre Ergebnisse haben die Medizinerinnen und Mediziner nun in der Fachzeitschrift Gut veröffentlicht, die in den Fach-Rankings hoch bewertet wird. Esra Görgülü, Ärztin an der Medizinischen Klinik 1 des Universitätsklinikums und Erstautorin der Studie, berichtet: „Wir haben in den letzten vier Jahren über 200 Patientinnen und Patienten mit ACLF auf unserer Intensivstation behandelt. 2020 war das Leberversagen bei mehr als der Hälfte der Betroffenen Alkohol-induziert – ein ungewöhnlich hoher Wert.“ PD Dr. Fabian Finkelmeier und Dr. Kai-Henrik Peiffer, Oberärzte an der Medizinischen Klinik 1 und Letztautoren der Studie, ergänzen: „Die von uns erhobenen Daten legen einen Zusammenhang zwischen dem Verlauf der Pandemie und dem Anstieg an Alkohol-bedingten ALCF nahe. Daraus kann man schlussfolgern, dass besonders gefährdete Personen in einer Ausnahmesituation wie dieser spezielle Unterstützungsangebote erhalten sollten, um einem lebensgefährlichen Konsum vorzubeugen.“ Professor Dr. Jonel Trebicka, Leiter der translationalen Hepatologie in der Medizinischen Klinik 1 und Koordinator des Universitären Leberzentrums Frankfurt, erklärt die Problematik: „Wenn Patienten aufgrund eines ACLFs auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, gibt es leider nur wenig Therapieoptionen, und die Sterblichkeit ist sehr hoch.“
Zahlen mehr als verdoppelt: deutlicher Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Pandemiegeschehen
2019 waren es 15 von 61 Patienten der Intensivstation, deren ACLF durch Alkoholkonsum bedingt war – also rund 25 Prozent. 2017 und 2018 bewegte sich die Zahl in einem ähnlichen Bereich (27 bzw. 24 Prozent). 2020 hingegen wurden 39 von 68 ACLF-Patienten in Folge von Alkoholkonsum behandelt. Das entspricht 57 Prozent aller Patienten. Damit gab es einem Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 100 Prozent: sowohl mit Blick auf die absolute Anzahl als auch im Verhältnis zur Gesamtzahl der ACLF-Betroffenen.
Die relative Häufigkeit des Alkohol-induzierten ACLF korreliert zeitlich klar mit dem Pandemiegeschehen. Sie steigt dann signifikant an, als die gesellschaftliche Bewegungsfreiheit und Aktivität durch den Lockdown stark abnimmt. Im November und Dezember 2020 waren mehr als 80 Prozent der am Universitätsklinikum behandelten ACLF-Betroffenen auf Alkoholkonsum zurückzuführen. Im Vergleichszeitraum 2019 waren es nur knapp 20 Prozent.
Publikation
- Esra Görgülü, Wenyi Gu, Jonel Trebicka, Victoria T. Mücke, Marcus M. Mücke, Mireen Friedrich-Rust, Jörg Bojunga, Stefan Zeuzem, Fabian Finkelmeier, Kai-Henrik Peiffer; Acute-on-chronic liver failure (ACLF) precipitated by severe alcoholic hepatitis: another collateral damage of the COVID-19 pandemic?; Gut, June 17, 2021 (published online ahead of print) http://dx.doi.org/10.1136/gutjnl-2021-325278
Abb.: Grafische Darstellung der Fallzahlen von akut-auf-chronischem Leberversagen vor und während der Pandemie. Copyright: Universitätsklinikum Frankfurt
Quelle: Universitätsklinikum Frankfurt, 22.06.2021 (tB).
Schlagwörter: Alkohol, Hepatologie