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Abb.: Hier ist deutlich zu sehen, dass die antimikrobiellen Peptide das Wachstum von Bakterien verhindern. Photo: Fraunhofer IZIAlternative zu Antibiotika entwickelt

 

Leipzig (1. Juni 2011) – Antibiotika gehören zu den großen Errungenschaften der Medizin. Doch immer häufiger fällt die einstige Allzweckwaffe im Kampf gegen Infektionskrankheiten aus: Bakterien entwickeln zunehmend Resistenzen gegen Antibiotika. Forscher haben jetzt ein Therapieäquivalent gefunden, das Penicillin und Co. künftig ersetzen könnte.

 

Immer mehr Krankheitserreger sind immun gegen Antibiotika, einige Bakterien lassen sich schon heute nicht mehr bekämpfen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor wachsenden Resistenzen gegen die einst so potenten Medikamente. Wenn nicht schnell Gegenmaßnahmen ergriffen würden, könnten schon bald zahlreiche häufig vorkommende Infektionen nicht mehr behandelt werden, äußerte WHO-Chefin Margaret Chan. Nach Angaben der WHO steckten sich 2010 fast eine halbe Million Menschen mit einer Form der Tuberkulose an, die gegen viele Antibiotika unempfindlich ist ­– ein Drittel der Erkrankten starb. Als Ursache für die wachsende Verbreitung resistenter Erreger nennt die Organisation den unsachgemäßen Einsatz von Penicillin und Co.

 

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie IZI in Leipzig haben jetzt eine Alternative zu den etablierten Antibiotika gefunden: Antimikrobielle Peptide sollen künftig den Kampf mit den Krankheitserregern aufnehmen. »Wir haben bereits 20 dieser kurzen Ketten von Aminosäuren identifiziert, die zahlreiche Keime abtöten. Darunter fallen Enterokokken, Hefen und Schimmelpilze, aber auch humanpathogene Bakterien wie der Streptococcus mutans, der in der Mundhöhle Karies erzeugt. Sogar der multiresistente Krankenhauskeim Staphylococcus aureus wurde in unseren Tests in seinem Wachstum stark beeinträchtigt«, sagt Dr. Andreas Schubert, Gruppenleiter am IZI.

 

Aus bekannten fungizid und bakterizid wirkenden Peptiden erzeugten die Forscher zunächst Sequenzvariationen und testeten diese in vitro an unterschiedlichen Keimen. Die Fäulniserreger wurden etwa eine Stunde lang mit den künstlich hergestellten antimikrobiellen Peptiden inkubiert. Da die neu erzeugten Peptide kationische, das heißt positiv geladene Aminosäurereste besitzen, können sie an die negativ geladene Bakterienmembran binden und diese durchdringen. Bei ihren Tests verglichen die Forscher die Überlebensfähigkeit der Erreger im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle. Den Fokus legten die Experten auf Peptide mit einer Länge von weniger als 20 Aminosäuren. »Antibiotika-Peptide entfalten ihre mikrobizide Wirkung innerhalb von wenigen Minuten. Auch wirken sie bereits bei einer Konzentration von unter 1 µM, konventionelle Antibiotika hingegen erst bei einer Konzentration von 10 µM«, fasst Schubert die Testergebnisse zusammen. »Das Wirkspektrum der untersuchten Peptide schließt neben Bakterien und Pilzen lipidumhüllte Viren ein. Entscheidend ist außerdem, dass die in unseren Tests identifizierten Peptide gesunde Körperzellen nicht schädigen«, erläutert der Wissenschaftler.

 

Auch die Lebensmittelindustrie könnte künftig von den antimikrobiellen Peptiden profitieren, schließlich führt die Keimbelastung von Esswaren zu jährlichen Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe. So sind etwa Frischsalate stark durch Hefen und Schimmelpilze kontaminiert. Würde man antimikrobielle Peptide bereits im Herstellungsprozess Nahrungsmitteln beimischen, könnte man deren Haltbarkeit verbessern. »Dies ist durchaus möglich, da die im Projekt untersuchten kurzkettigen Peptide kein allergologisches Risiko bei einer Zugabe in Lebensmittel aufweisen«, sagt Schubert. Projektpartner bei der Entwicklung der Peptide für Salate ist die Magdeburger ÖHMI Analytic GmbH. Der Forscher ist von den vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten überzeugt und zieht auch den Einsatz im Maschinenbau in Betracht – etwa um Hydrauliköle keimfrei zu halten. Im nächsten Schritt wollen der Experte und sein Team die antimikrobiellen Peptide in vivo an Infektionsmodellen testen

 


 

Quelle: Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI, 01.06.2011 (tB).

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