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11. PH-Patiententreffen mit Angehörigen · pulmonale hypertonie e.v.

Gemeinsam gegen denLungenhochdruck

Frankfurt am Main (29. November 2008) – Neue Forschungsergebnisse und die wachsende klinische Erfahrung mit der pulmonalen Hy­pertonie (PH), aber auch die aktuellen gesundheitspolitischen Ent­scheidungen sorgen auch in diesem Jahr beim 11. PH-Patienten­treffen wieder für reichlich Gesprächsstoff. So wurde beispiels­weise auf dem diesjährigen Weltsymposium in Dana Point, USA, eine neue Definition der seltenen Krankheit PH vorgeschlagen. Die Standards für die Diagnose- und Therapieverfahren werden lau­fend überarbeitet und neue Lösungsansätze für den Umgang mit der Krankheit gesucht. Bei all diesen Projekten haben sich auch die Mitglieder des Selbsthilfevereins pulmonale hypertonie e.v. (ph e.v.) engagiert. Auf dem PH-Patiententreffen in Frankfurt disku­tierten Experten in Vorträgen und Workshops mit Betroffenen und deren Angehörigen über die zahlreichen Facetten des Krank­heitsbildes pulmonale Hypertonie. Auf einer Pressekonferenz fass­ten sie für die Journalisten ihre Aussagen zusammen.
Beim Lungenhochdruck besteht eine anhaltende Erhöhung des Blut­drucks in den pulmonalen Arterien. Im weiteren Verlauf der Krankheit kommt es zu einem Remodeling der Lungengefäße. Der Anstieg des pulmonalen Blutdrucks und des pulmonal-vaskulären Widerstandes führen schließlich zu einer zunehmenden Belastung des rechten Her­zens. Am Ende droht ein terminales Rechtsherzversagen.

Auf dem 4. Weltsymposium pulmonale Hypertonie in Dana Point schlugen PH-Experten eine neue Definition für die pulmonale Hyper­tonie vor.1 Demnach liegt eine manifeste pulmonale Hypertonie vor, wenn der mittlere pulmonalarterielle Druck über 25 mmHg liegt. Daneben spricht man nun von einer grenzwertigen pulmonalen Hy­pertonie, wenn dieser Wert zwischen 20 und 25 mmHg liegt.

Lungenhochdruck identifizieren

Ein trotz aller Fortschritte bei der Diagnose und Therapie der pulmo­nalen Hypertonie weiterhin bestehendes Problem ist die frühzeitige Diagnose dieser seltenen Krankheit. Privatdozentin Dr. med. Heinrike Wilkens, Homburg/Saar, erläuterte auf der Pressekonferenz in Frank­furt, weshalb das so ist: „Ein Problem bei der Früherkennung ist, dass die ersten Anzeichen einer pulmonalen Hypertonie sehr unspezifisch sind. Luftnot bei Belastung, chronische Müdigkeit und Schwäche, aber auch Synkopen unter körperlicher Belastung, Schmerzen im Brustkorb und Heiserkeit können als Erstmanifestation der Erkrankung auftreten. Diese Beschwerden kommen jedoch auch bei ganz anderen Erkran­kungen vor. Bis zur Diagnosestellung vergehen so oft mehrere Monate bis Jahre.“

Da Patienten mit unbehandeltem Lungenhochdruck jedoch eine schlechte Prognose haben, ist die frühzeitige und korrekte Diagnose­stellung von größter Wichtigkeit. „In den letzten Jahren haben sich ganz entscheidende Fortschritte in Bezug auf die Behandlungsmög­lichkeiten ergeben, hierdurch wurde aus einer schnell tödlich endenden Krankheit eine zwar ernste, aber behandelbare Erkrankung“, erklärte Wilkens. „Eine frühzeitige, gezielte Therapie führt zu deutlich verbes­serten Therapieergebnissen.“2

Der erhöhte Druck im Lungenkreislauf kann verschiedene Ursachen haben und in Zusammenhang mit verschiedenen Erkrankungen auf­treten, beispielsweise bei Bindegewebserkrankungen, bei bestimmten Herz- oder Lungenerkrankungen. Die idiopatische pulmonale Hyper­tonie (iPAH) tritt ohne eine bekannte Ursache auf. Insgesamt erfolgt die Klassifikation der PH anhand von fünf verschiedenen Gruppen: der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH), der PH bei Linksherzerkran­kungen, der PH bei Lungenerkrankungen, der chronisch-thromboem­bolischen PH und der PH bei Erkrankungen mit direkter Einwirkung auf die Lungengefäße. Die richtige Zuordnung in diese PH-Klassifika­tion und die Bestimmung des Schweregrades entscheidet über den Er­folg der Therapie. „Eine genaue diagnostische Klassifikation ist unbe­dingt notwendig, da die verschiedenen Formen der PH sehr unter­schiedliche Therapien erfordern. Daher sollten die Patienten so früh wie möglich in einem PH-Zentrum vorgestellt werden,“ sagte Wilkens.3

Individuell therapieren

Über den Status und die Trends bei der medikamentösen Behandlung des Lungenhochdrucks berichtete Professor Dr. med. Ardeschir Ghofrani, Gießen: „In der Behandlung des schweren Lungenhoch­drucks hat es in den letzten Jahren große Fortschritte gegeben. Wäh­rend noch vor 15 Jahren keine spezifischen Medikamente für die pul­monal arterielle Hypertonie (PAH) zur Verfügung standen, können Ärzte in Deutschland heute auf sechs zugelassene Substanzen aus drei Wirkstoffklassen zurückgreifen.“

Für das zum Teil sehr komplexe Management der verschiedenen PH-Formen wurden Leitlinien mit Empfehlungen zur jeweiligen Diagnose und Therapie entwickelt. „Während nationale und internationale Leit­linien Therapieempfehlungen für den „idealisierten Patienten“ vorge­ben, können sie naturgemäß die Notwendigkeiten für den individuellen Patienten nicht umfassend abdecken“, sagte Ghofrani. Die Leitlinien könnten nur eine Orientierung bieten. In den hochspezialisierten Zent­ren für Lungenhochdruck suchten die Spezialisten jedoch im besten Interesse ihrer Patienten nach speziellen Lösungen, wenn dies die ak­tuelle Situation erfordere.

Zurzeit beginnen Patienten mit pulmonal arterieller Hypertonie die spezifische Therapie meist mit der oralen Einnahme von Tabletten, beispielsweise einem Phosphodiesterase-5-Inhibitor (PDE5i) oder En­dothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA). Wenn die Patienten darauf gut ansprechen, wird diese Therapie weitergeführt. „Sollten therapeutische Ziele, z.B. die Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit oder der pulmonalen Hämodynamik nach 3 bis 4 Monaten nicht erreicht wor­den sein, wird eine Intensivierung der Behandlung durch eine Kombi­nationstherapie eingeleitet, nach dem Prinzip der zielorientierten The­rapie“, erklärte Ghofrani.

Wissensstand optimieren

Seit der Gründung des ph e.v. vor mehr als zehn Jahren sind wichtige diagnostische und therapeutische Fortschritte für Patienten mit Lun­genhochdruck erzielt worden. Bruno Kopp, erster Vorsitzender und Gründungsmitglied des ph e.v., und die Vereinsmitglieder haben im Verlauf der Zeit dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Dank die­ses Engagements konnten vielen PH-Patienten ganz konkrete Hilfe­stellungen angeboten werden, sei es im täglichen Umgang mit der Krankheit, mit Ärzten oder Behörden. So ist der ph e.v. inzwischen zur zentralen Anlaufstelle für Patienten mit Lungenhochdruck geworden. Patienten können an fünf Tagen die Woche das Büro in Karlsruhe an­rufen oder per E-Mail und Post erreichen. Zu den Zielen des Vereins gehört es, die Erkrankung in der Bevölkerung aber auch in der Ärzte­schaft bekannt zu machen und die wissenschaftliche Erforschung ins­besondere neuer Therapien zu unterstützen.

„Die Selbsthilfegruppe hat sogar eine nicht-medikamentöse Therapie für alle Formen des Lungenhochdruckes, die Atem- und Bewegungs­therapie, mit initiiert und gefördert. Sie wird in der Rehabilitationskli­nik Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Thoraxklinik Heidelberg angeboten, erläuterte Mitinitiator Professor Dr. med. Ekkehard Grünig, Heidelberg. „Eine besondere Leistung von Bruno Kopp und dem ph e.v. war und ist es, alle PH-Aktiven in ein Boot zu holen. Der Verein trägt entscheidend zur Vernetzung der Patienten und der Ärzteschaft bei.“

Darüber hinaus engagierten sich Bruno Kopp und der ph e.v. auch ge­sundheitspolitisch: Im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) wurde das sogenannte Zweitmeinungsverfahren verhandelt und kürzlich erst beschlossen. Demnach müssen die Therapiemaßnahmen für Patienten mit PAH ab Januar 2009 zusätzlich durch einen ärztlichen Gutachter genehmigt werden. Hier hat sich der ph e.v. in enger Zusammenarbeit mit der ärztlichen Arbeitsgemeinschaft für Lungenhochdruck dafür eingesetzt, diese neue gesetzliche Regelung für die Patienten mit Lun­genhochdruck zu verbessern und die negativen Folgen ihrer Umset­zung abzumildern.

Gemeinsam diskutieren

Erfolge konnte der ph e.v. im G-BA bereits im vergangenen Jahr ver­zeichnen. So wurde hier die Öffnung der Krankenhäuser für die am­bulante Behandlung von seltenen Erkrankungen, also auch von Pati­enten mit PH, ermöglicht. Die Patientenvertretung sieht in der Öffnung der Krankenhäuser unter besonderen Voraussetzungen eine Chance, hohe Qualitätsanforderungen zu stellen und damit eine Verbesserung der Versorgung zu erreichen „An der Erarbeitung dieser Richtlinie, die besondere Anforderungen beinhaltet, war die Selbsthilfe maßgeblich beteiligt. Die Patientenvertretung hat in den vergangenen Jahren be­wiesen, dass sie konstruktiv und verantwortungsbewusst an den Bera­tungen teilnimmt“, sagte Renate Pfeifer, Bonn. „Damit hat die Selbst­hilfe das für sie wichtige Ziel der Qualitätssteigerung bzw. -sicherung verfolgt, auch wenn die Realität zeigt, dass die Umsetzung noch grö­ßere Probleme mit sich bringt.“

Da der Aufklärungsbedarf in Sachen Lungenhochdruck sowohl bei vielen Ärzten als auch in der Öffentlichkeit sehr groß ist, organisiert der Selbsthilfeverein nicht nur regelmäßige Patiententreffen und Ge­sprächskreise sondern in Kooperation mit PH-Experten und den PH-Zentren auch Ärztefortbildungen, die eine gute Resonanz fanden.

Abb.: Häufigkeit der Beschwerden bei pulmonal arterieller Hypertonie. Photos: ph. e.v.

Abb.: Häufigkeit der Beschwerden bei pulmonal arterieller Hypertonie. Photos: ph. e.v.

 

Abb.: Gefäßveränderungen pulmonale Hypertonie: a) Normale Lungenarterie im Querschnitt. b) Querschnitt einer Lungenarterie bei pulmonaler Hypertonie, durch Gewerbewucherung dramatisch verengt. c) Längsschnitt mit krankhaften Veränderungen (Ablagerungen, Wucherungen, Verdickungen). Das Blut muss von der rechten Herzkammer immer schwerer durchgepumpt werden.

Abb.: Gefäßveränderungen pulmonale Hypertonie: a) Normale Lungenarterie im Querschnitt. b) Querschnitt einer Lungenarterie bei pulmonaler Hypertonie, durch Gewerbewucherung dramatisch verengt. c) Längsschnitt mit krankhaften Veränderungen (Ablagerungen, Wucherungen, Verdickungen). Das Blut muss von der rechten Herzkammer immer schwerer durchgepumpt werden.

 

Literatur

  1. Olschewski H. [Dana Point: what is new in the diagnosis of pulmonary hypertension?]. Dtsch Med Wochenschr 2008;133 Suppl 6:S180-2.
  2. Galie N, Rubin L, Hoeper M, et al. Treatment of patients with mildly symptomatic pulmonary arterial hypertension with bosentan (EARLY study): a double-blind, randomised controlled trial. Lancet 2008;371(9630):2093-100.
  3. Ghofrani HA, Wilkins MW, Rich S. Uncertainties in the diagnosis and treatment of pulmonary arterial hypertension. Circulation 2008;118(11):1195-201.

 

Downloads

Lungenhochdruck identifizieren. Von der Diagnose zur gezielten Therapie – Worauf ist zu achten?
Statement PD Dr. Wilkens.pdf Statement PD Dr. Wilkens.pdf (23.37 KB)

Individuell therapieren. Behandlung des Lungenhochdrucks – Status und Trends.
Statement Prof. Dr. Ghofrani.pdf Statement Prof. Dr. Ghofrani.pdf (20.51 KB)

Wissensstand optimieren. Selbsthilfeverein ph. e.v. – Aufklärungsarbeit für Patienten und Angehörige.
Statement Prof. Dr. Gruenig.pdf Statement Prof. Dr. Gruenig.pdf (29.16 KB)

Gemeinsam diskutieren. Politisches Engagement für seltene Erkrankungen.
Statement Renate Pfeifer.pdf Statement Renate Pfeifer.pdf (25.11 KB)


Adressen

pulmonale hypertonie e.v.
Bundesgeschäftsstelle
Wormser Str. 20
76287 Rheinstetten
eMail: info@phev.de
Homepage: www.phev.de

 

 


Quelle: Pressekonferenz anläßlich des 11. PH-Patiententreffens mit Angehörigen (pulmonale hypertonie e.V.) zum Thema „Gemeinsam gegen Lungenhochdruck“ am 29.11.2009 in Frankfurt am Main (Medizin & PR GmbH – Gesundheitskommunikation).

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