MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Leicht und schnell wie der Wind

Windpocken können groß & klein gefährlich werden

 

Vorsorge bei JugendlichenDas Varizella-Zoster-Virus

Berlin (9. Oktober 2008) – den durch die Luft beziehungsweise den Wind (daher der Name), aber auch per Tröpfchen aus dem Nasenrachenraum weitergegeben. Die Rede ist von Windpocken, die durch die so genannten Varizella-Zoster-Viren verursacht werden. Auch kann das Virus durch direkten Kontakt mit dem Bläscheninhalt auf der Haut von Mensch zu Mensch übertragen werden. Die für Windpocken so typischen Bläschen sollten deshalb möglichst nicht aufgekratzt werden, da die Flüssigkeit Viren enthält, die sehr infektiös sind. Das Tückische: Dem Kontakt mit Windpocken kann kaum einer entgehen. So reicht unter Umständen ein Aufenthalt, etwa eine Stunde oder länger, in einem Raum mit einer Person, die an Windpocken erkrankt ist, aus, um sich zu infizieren. Daher sind vor allem Kinder betroffen, die sich in der Krabbelgruppe oder im Kindergarten schnell und leicht anstecken können. Personen, die keine Antikörper gegen das Virus besitzen (so genannte Seronegative), können sich auch bei Gürtelrosepatienten infizieren. Kommt es zu einer Infektion während der Schwangerschaft, gelangen die Viren möglicherweise über den Mutterkuchen (Plazenta) zum ungeschützten und ungeborenen Kind mit unter Umständen lebensbedrohlichen Folgen.

 

Die Inkubationszeit – also die Zeitspanne zwischen der eigentlichen Ansteckung und den ersten Symptomen – liegt zwischen acht und 28 Tagen. Kopf- und Gliederschmerzen sowie Fieber über 39 Grad Celsius können erste Anzeichen sein. Dann entstehen die für Windpocken so typischen kleinen, runden Bläschen am Rumpf, Kopf und Gesicht bis hin zu den Extremitäten, die fürchterlich jucken können. In den meisten Fällen ist die Krankheit nach rund zehn Tagen überstanden. Vorsicht: Der Patient ist 1-2 Tage vor und bis zu 5-7 Tage nach Auftreten der Bläschen hochinfektiös. Kein Wunder, dass sich in den ersten zehn Lebensjahren über 90 Prozent der Bevölkerung mit dem Varizella-Zoster-Virus infizieren.

 

Schmerzhafte Gürtelrose

Das Virus ist ein wahrer Überlebenskünstler. Selbst nach überstandener Infektion bleibt das Virus ein Leben lang in bestimmten Bereichen des menschlichen Nervensystems bestehen und kann eine äußerst schmerzhafte Gürtelrose (Herpes Zoster) auslösen. Diese kann alle Altersgruppen treffen, wird aber in der Regel meist bei älteren oder immungeschwächten Menschen beobachtet. Die Gürtelrose tritt aber nur bei Menschen auf, die bereits an Windpocken erkrankt waren und somit das Virus in sich tragen. Sie beginnt in der Regel mit Schmerzen und allgemeinem Krankheitsgefühl sowie Empfindungsstörungen im betroffenen Dermatom – dem Hautbereich, der von einem Rückenmarksnerv versorgt wird. Wenn bei der Erkrankung das zentrale Nervensystem in Mitleidenschaft gezogen wird, kann eine Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Gehirnentzündung (Enzephalitis) die Folge sein.

 

Dramatische Folgen

Nicht immer verläuft eine Windpocken-Infektion harmlos. Dramatische Folgen sind unter anderem eine Lungenentzündung, Nieren-, Mittelohr- oder Herzmuskelentzündung. In sehr seltenen Fällen kann die Erkrankung sogar tödlich verlaufen. Erkrankte Kinder dürfen oft mehrere Wochen nicht in den Kindergarten oder in die Schule gehen. Bei Schwangeren kann eine Infektion zu schweren Schädigungen des Ungeborenen führen. Erkrankt eine Schwangere an Varizellen, beobachtet man sehr häufig schwere Komplikationen wie zum Beispiel eine Lungenentzündung. Erkrankt die Schwangere einige Tage vor oder einige Tage nach der Geburt an Windpocken, so ist das besonders gefährlich für ihr Kind, da es hier sehr häufig zu sehr schweren Krankheitsverläufen beim Neugeborenen kommen kann. Beim infizierten ungeborenen Kind können sich schwerwiegende Fehlbildungen entwickeln. Es kann zu Kleinwuchs, unterentwickelten Gliedmaßen und Hautveränderungen kommen. Neugeborene, deren Mütter fünf Tage vor und bis zu zwei Tagen nach der Geburt an Windpocken erkranken, sind besonders gefährdet. Bis zu 20 Prozent dieser Kinder sterben.

 

Die Lösung: Windpocken-Impfung

 

Einfach, wirksam, gut verträglich

Da man weder als Erwachsener noch als Kind einer Windpockenerkrankung sicher aus dem Weg gehen kann, bietet eine Impfung den einzigen wirksamen Schutz vor der Infektion. Seit 2004 ist die Varizellen-Impfung als Standardimpfung für Kinder von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut in Berlin empfohlen und in den Impfkalender aufgenommen worden. Idealerweise wird die Impfung im Alter von 11 bis 14 Monaten durchgeführt. Wurde die Impfung versäumt, kann sie allerdings jederzeit nachgeholt werden.

 

Problem: Bei Jugendlichen und Erwachsenen verläuft die Krankheit oft viel schwerer als bei Kindern, und es kommt häufiger zu Komplikationen wie unter anderem Hirnhautentzündung. Deshalb gilt eine weitere Empfehlung für alle bislang ungeimpften Jugendlichen im Alter von neun bis 17 Jahren sowie seronegative Frauen mit Kinderwunsch.

 

Impfempfehlung im Überblick

 

  • Alle Kinder zwischen dem vollendeten 11. und vollendeten 14. Lebensmonat sollten geimpft werden.
  •  
  • Alle Kinder und Jugendliche, die noch nicht erkrankt oder geimpft sind, sollten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr geimpft werden. Bis zum 13. Lebensjahr 1 Dosis Varizellen-Impfstoff, ab dem 13. Lebensjahr 2 Dosen im Abstand von mindestens 6 Wochen.
  •  
  • Frauen mit Kinderwunsch sollten auf jeden Fall ihren Immunschutz überprüfen und sich gegebenenfalls impfen lassen. Wichtig: Während der Schwangerschaft darf die Impfung nicht vorgenommen werden. Direkt nach der Impfung muss eine Schwangerschaft für die nächsten drei Monate ausgeschlossen werden. Deshalb rechtzeitig impfen!
  •  
  • Personen, die keinen Immunschutz haben und sich einer Therapie unterziehen, die das Immunsystem schwächt (zum Beispiel einer Chemo-Therapie), sollten vorher geimpft werden.
  • Personen, die an schwerer Neurodermitis leiden oder vor einer Organtransplantation stehen, sollten sich impfen lassen.
  • Seronegative Personen, die im Gesundheitswesen tätig sind sowie Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter wie einer Kindertagesstätte arbeiten, sollten geimpft werden.

 

Wichtig: Eine Impfung kann sogar wirksam sein, wenn man sich bereits mit Varizella-Zoster-Viren angesteckt hat! Wird dann noch rechtzeitig geimpft (innerhalb von 5 Tagen, nachdem man Kontakt zu Windpocken-Patienten hatte), kann der Ausbruch der Krankheit verhindert oder zumindest der Verlauf gemildert werden. Experten sprechen von einer postexpositionellen Prophylaxe.

 

Ein Blick in die USA zeigt, welche Erfolge eine richtige Impfstrategie bringen kann. Seit die Impfung dort seit 1996 für alle Kinder im 2. Lebensjahr vorgeschrieben ist, haben bei Kindern bis zum Alter von vier Jahren Windpockenerkrankungen um bis zu 90 Prozent abgenommen. Zudem gab es weniger komplizierte Krankheitsverläufe.

 

Die Impfung wird normalerweise gut vertragen. Häufige, aber als harmlos einzustufende Nebenwirkungen sind Rötungen oder Schwellungen an der Injektionsstelle. Fieber tritt bei nur 10 Prozent der Geimpften auf. Ab und kann es zu so genannten „Impf-Varizellen“ kommen kann. Dies sind vereinzelte Windpocken-Bläschen, deren Verlauf meist sehr mild ist.

 

Tipps zum Umgang mit und für Patienten

 

  • Isolieren Sie sich oder Ihr Kind. Achten Sie darauf, dass Sie beziehungsweise Ihr Kind auf keinen Fall mit Schwangeren, die noch keine Windpocken hatten, oder mit Personen, deren Abwehr geschwächt ist, in Kontakt kommen.
  • Die Windpocken-Bläschen dürfen auf keinen Fall aufgekratzt werden. Kürzen Sie im Zweifelsfall die Fingernägel.
  • Die Kleidung des Patienten sollte weich sein und nicht zu eng am Körper anliegen, damit der Juckreiz nicht noch stärker wird.
  • Achten Sie auf Sauberkeit. Gebadet werden sollte allerdings erst, wenn die Bläschen verkrustet sind.
  • Behandeln Sie die Bläschen regelmäßig mit juckreizstillenden Mitteln.
  • Vermeiden Sie Sonne beziehungsweise setzen Sie Ihr Kind keiner starken Bestrahlung aus. An den Stellen des Hautausschlags können Flecken entstehen.

 

 

Varizellen

 

Fakten

Das klinische Bild der Windpocken (Varizellen) wurde erst 1767 durch einen englischen Arzt von den „echten“ Pocken abgegrenzt. 1888 schließlich wurde die enge Verwandtschaft zwischen den Krankheitsbildern Varizellen und Zoster festgestellt. Varizella-Zoster-Viren (VZV) sind hoch ansteckend und weltweit stark verbreitet. In den gemäßigten Klimazonen der nördlichen Hemisphäre kommt es im Winter und Frühjahr zu Erkrankungshäufungen. Die meisten Infektionen treten bereits im frühen Kindesalter auf.

 

Wer sollte sich impfen lassen?

Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) empfiehlt die generelle Varizellen-Impfung aller Kinder, Jugendlicher ohne Impfschutz und Risikogruppen sowie seronegativer Frauen mit Kinderwunsch. Kinder, Jugendliche und Erwachsene erhalten zwei Dosen des Impfstoffs im Abstand von 4-8 Wochen.

 

Kosten

Die Kosten für die oben genannten Gruppen übernehmen die Krankenkassen.

 


 

Quelle: Pressekonferenz der Firma Sanofi-Pasteur-MSD am 09.10.2008 in Berlin (POYS).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…