MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Mainz UniNeue Erkenntnisse in der Resilienzforschung

Neuer Ansatz zur Verbesserung der Angsttherapie entdeckt

Mainz (11. Dezember 2018) – Traumatische Erfahrungen können sich tief in das Gedächtnis eingraben. Wie sich eine daraus entstandene Furcht langfristig reduzieren lässt und wie es nach einer Traumatisierung gar nicht erst zu einer dauerhaften Belastungsstörung kommt, darauf haben Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz neue Hinweise gefunden: Der Schlüssel liegt in entsprechenden neuen, positiven und fest im Gedächtnis verankerten Erfahrungen. Durch diese lernen die Traumatisierten, dass die angstauslösenden Reize oft harmlos sind. Dafür ist es allerdings erforderlich, dass sich Betroffene ihren Angstauslösereizen immer wieder aussetzen. Die Forscher haben die Hirnprozesse, die solchen positiven Lernerfahrungen zugrunde liegen, genauer untersucht. Die jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichten Erkenntnisse könnten helfen, die Therapie von Angsterkrankungen und Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) zu verbessern sowie entsprechende präventive Maßnahmen zu entwickeln.

Das menschliche Gehirn ist veränderbar. Es lässt sich durch Erfahrungen – gute wie schlechte – (um)formen. Dies ist die Ausgangsprämisse der Resilienzforschung und der Therapien zur Behandlung von Angststörungen. Doch wieso gelingt es bei manchen Menschen, deren Angst zu mindern oder ihnen diese sogar zu nehmen, wenn sie mit einer ursprünglich angstauslösenden Situation wiederholt konfrontiert werden und dabei neue, positive Erfahrungen machen? Und warum hat diese sogenannte Furchtextinktion bei anderen Menschen langfristig keinen Erfolg? Wie bildet und stabilisiert das Gehirn eines Menschen dessen Langzeitgedächtnis? Welche Rolle spielen dabei spontane, neuronale Konsolidierungsprozesse, die nach dem Lernen einer neuen, überraschend positiven Erfahrung ablaufen? Diesen Fragen widmeten sich Prof. Dr. Raffael Kalisch und Dr. Anna M.V. Gerlicher zusammen mit anderen Wissenschaftlern des Deutschen Resilienz Zentrums (DRZ) Mainz und des Sonderforschungsbereichs 1193 „Neurobiologie der Resilienz gegenüber stressinduzierter psychischer Dysfunktion: Mechanismen verstehen und Prävention fördern“ an der Universitätsmedizin Mainz in der hier vorgestellten Studie.

„Wir wissen schon ganz gut, welche neuralen Prozesse wichtig sind um zu lernen, dass von einem gefürchteten Reiz gar keine Gefahr mehr ausgeht. Neuere Forschungen haben jedoch gezeigt, dass es sehr wichtig ist, sich auch später noch gut an solche Lernerfahrungen erinnern zu können. Denn nur so gelingt es, nicht immer und immer wieder in unnötige Angstreaktionen zu verfallen und somit resilient gegenüber einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu sein“, erläutert Dr. Anna Gerlicher, Erstautorin der Studie. „Wir haben uns in unserer neuesten Studie daher ganz auf die Frage fokussiert, wie es nach einem solchen ‚Extinktionslernen‘ zur Verfestigung des Erlernten in unserem Gedächtnis kommt.“

Das Team um DRZ-AG-Leiter Prof. Dr. Raffael Kalisch fand heraus, dass die Gehirne ihrer Versuchspersonen während einer Extinktionslernerfahrung bestimmte Aktivierungsmuster aufwiesen, die nach dem Lernen in einer Ruhephase spontan wieder auftraten. Je häufiger diese Spontanreaktivierungen erfolgten, desto besser konnten sich die Probanden an einem anderen Versuchstag an ihre positive Erfahrung erinnern und desto geringer waren ihre Angstreaktionen auf Auslösereize.

Dass die gedächtnisrelevanten Aktivitätsmuster durch den auch als „Belohnungshormon“ bekannten Neurotransmitter Dopamin unterstützt werden, war eine weitere neue Erkenntnis. „Besonders faszinierend war für uns, dass wir durch Gabe eines handelsüblichen Medikaments, das in den Hirnstoffwechsel eingreift und zu einer Erhöhung des Dopaminspiegels im Gehirn führt, die Anzahl der Reaktivierungen erhöhen und somit im selben Maße spätere Angstreaktionen verringern konnten. Dies brachte folgende neue Erkenntnis: Das Gedächtnis für Extinktionslernen lässt sich, zumindest im Labor, relativ einfach verstärken – und zwar ganz ohne Übung oder Gedächtnistraining“, so Kalisch.

Die Wissenschaftler sehen in ihren Befunden Potenzial für neue Einsichten in grundlegende Mechanismen der Gedächtnisbildung sowie für mögliche neue Ansätze zur Verbesserung der Traumatherapie.

 

IMAGE: Während einer Extinktionslernerfahrung werden im Präfrontalkortex Aktivierungsmuster generiert, die in einer Ruhephase nach dem Lernen spontan wieder auftreten. Diese Spontanreaktivierungen verfestigen das Gelernte. Quelle: Anna M. V. Gerlicher


Quelle: Johannes Gutenberg Universität Mainz, 11.12.2018 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…