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41. Münchener Fachpresse-Workshop

Neue Wege in der onkologischen Supportivtherapie und aktuelle Daten zur PARP-Inhibition beim Ovarialkarzinom

 

München (12. April 2018) – Innovationen in Onkologie und Supportivtherapie bildeten den thematischen Rahmen des 41. Münchener Fachpresse-Workshops. Die Digitalisierung ist auch im Gesundheitswesen eine Entwicklung, die Herausforderungen und Chancen bietet. Die von einem interdisziplinären Expertenteam unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Friedrich Overkamp, Hamburg, entwickelte edukative App „onkowissen Supportivtherapie“ wird ab Mai sowohl in den App Stores als auch auf dem onkologischen online-Kompendium www.onkowissen.de verfügbar sein. Ermöglicht wurde die Entwicklung durch einen Grant der RIEMSER Pharma GmbH. Der Nutzen der prophylaktischen Gabe von kurz- und langwirksamen Granulozytenkoloniestimulierenden Faktoren (G-CSF) bei dosisdichten Chemotherapien und Chemotherapie bei hohem Risiko für febrile Neutropenie ist durch zahlreiche Daten belegt.

Mit dem On-Body-Injektor Neulasta®-Onpro®-Kit wird Pegfilgrastim automatisch im optimalen Zeitfenster nach der Chemotherapie subkutan injiziert und ein zusätzlicher Arztbesuch am Tag nach der Chemotherapie kann unterbleiben. Der PARP-Inhibitor Niraparib (Zejula®) ist als Erhaltungstherapie für Patientinnen mit Rezidiv eines Platin-sensiblen Ovarialkarzinoms unabhängig vom BRCA-Mutationsstatus zugelassen. Auf dem Jahreskongress der Society of Gynecologic Oncology (SGO) im März wurden nun auch vielversprechende Daten zur Kombination von PARP-Inhibitoren mit Immuncheckpoint-Inhibitoren beim Ovarialkarzinom vorgestellt.

 

Digital Healthcare: heute bereits Realität

Die Digitalisierung wird den medizinischen Alltag für Behandler und Patienten grundlegend verändern. Derzeit zeichnen sich in dieser Entwicklung laut Dr. Friedrich Overkamp, Hamburg, sechs große Themenfelder ab. Unter dem Begriff Quantified Self verstehen sich Messungen von Blutdruck, Laborwerten sowie der Patientencompliance mittels kabelloser Sensoren. So kann in der Diabetologie zukünftig eine smarte (Kontakt)linse den Zucker in der Tränenflüssigkeit, der mit dem Blutzuckerspiegel korreliert, messen. In den USA ist bereits ein Psychopharmakon als Tablette im Handel, die meldet, wenn sie im Magen angekommen ist. Auch Blutbildanalysegeräte für zu Hause, die den Patienten zur Vorabüberprüfung dienen könnten, bewertet Overkamp als hilfreich für den Alltag. Der Bereich der Telemedizin umfasst Fernbehandlungen und -diagnosen sowie den Einsatz von OP-Robotern. Die digitale Bildübertragung zur Diagnose, beispielsweise von Hautkrankheiten, werde mehr und mehr Routine, so Overkamp. Besonders weit fortgeschritten ist die Entwicklung in der Schweiz und in England. „In England erfolgt jeder 7. Arzt-Patientenkontakt bereits online“, berichtete Overkamp.

Chancen in der Medizin bieten sich auch durch die digitale Therapie. So konnte der Opiatverbrauch bei Kindern im Zentrum für Schwerbrandverletzte des BG Klinikums Duisburg beim extrem schmerzhaften Verbandswechsel durch den Gebrauch eines Headsets mit 360° Rundumblick zur Ablenkung um 84% reduziert werden. Durch die sogenannte „Augmented Reality“, der computergestützten Erweiterung der Realitätswahrnehmung, ließ sich die Detektion von Mikrometastasierung an Tumorrändern bei Melanomen verbessern. Auch therapeutische Apps wie z.B. bei Tinnitus werden bereits implementiert. Im Bereich Big Data zeigte sich, dass bei der Entdeckung von Mikrometastasen beim Mammakarzinom der Computer mit einer Fehlerquote von 0% selbst den renommiertesten Pathologen überlegen ist (1). Molekulare Datenbanken bieten in der Onkologie die Möglichkeit des Wissensgewinns über molekulare Subgruppen und einer darauf aufbauenden Therapiesteuerung. Auch Nachsorge und Therapie lassen sich online steuern, wie ein Late Breaking Abstract zum digitalen Follow-Up von Tumorpatienten unter Chemotherapie beim ASCO Jahreskongress 2017 zeigte. Einmal pro Woche wurden 12 häufige Symptome und Chemotherapienebenwirkungen online abgefragt. Ein Arztbesuch erfolgte nur, wenn bei den online-Befragungen etwas auffällig war. Bei der Self ReportingGruppe zeigte sich eine deutlich bessere Lebensqualität, weniger Notfallinterventionen und vor allem ein signifikanter Überlebensvorteil (p=0,03) (2). In Deutschland setzt diese Erkenntnisse das digitale Tagebuch für Krebspatienten CANKADO (www.cankado.com) um.

 

Ab Mai online – App onkowissen Supportivtherapie

Hinter dem Begriff Digital Education verbergen sich Digitale Tools zur Wissensvermittlung. So produziert die von einer Reihe forschender Pharmaunternehmen unterstützte Plattform onkowissen.de Apps zur Wissensvermittlung in einer Vielzahl von onkologischen Indikationen. Alle Apps sind auch über die Website nutzbar. Nach und nach entsteht auf der Plattform www.onkowissen.de ein digitales Kompendium der Onkologie. Die App zur Edukation im Bereich der onkologischen Supportivtherapie wurde mit Unterstützung der RIEMSER Pharma GmbH entwickelt. An der Entwicklung der App onkowissen Supportivtherapie war ein interdisziplinäres Team von 15 Experten beteiligt. Sie bietet Ärzten einen schnellen, einfachen und aktuellen Zugang zu umfangreichen Informationen zu supportiven Themen in der Onkologie. Basierend auf der derzeit gültigen S3-Leitlinie Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen zu den Themen Antiemese, Diarrhoe, febrile Neutropenie, Hämatotoxizität, Hauttoxizität, Mukositis, Osteoonkologie und Paravasate umfasst die App zahlreiche Bereiche des onkologischen Nebenwirkungsmanagements und listet Möglichkeiten der Prophylaxe und Therapie. Außerdem findet sich eine Übersicht über verfügbare Supportiva inklusive der Fachinformationen. Auch Primärliteratur ist im Rahmen eines sehr umfangreichen Literaturverzeichnisses verfügbar. Enthalten sind auch die relevanten Leitlinien zur Thematik und auch die Möglichkeit zur Fragestellung an die Redaktion und das dahinterstehende Expertengremium ist gegeben. Die App wird in der 2. Maiwoche online gehen und in AppStores und zudem online auf www.onkowissen.de verfügbar sein. Sie ist smartphone- und tablet-kompatibel für IOS und Android.

Ebenfalls in Kürze online gehen wird die App zu Biosimilars, gefolgt von Apps zum Multiplen Myelom, neuroendokrinen Tumoren, gynäkologischer Onkologie sowie zum Prostatakarzinom. Alle auf onkowissen.de verfügbaren Apps werden untereinander verlinkt sein. Die Nutzung der Apps ist auf medizinische Fachkreise beschränkt, so dass ein Doc Check Passwort oder ein Passwort von onkowissen.de nach Registrierung notwendig ist. Die Apps haben akademischen Anspruch, sind produktneutral und haben keinen werbenden Charakter, wie Overkamp betonte. Unter den auf onkowissen verfügbaren Apps wird die App Supportivtherapie – aufgrund der zahlreichen Querverlinkungen aus anderen Apps zu verschiedenen Tumorentitäten – eine zentrale Stellung einnehmen, ganz so wie es der Rolle der Supportivtherapie in der onkologischen Therapie in der Realität entspricht, so Overkamp abschließend.

 

G-CSF-Prophylaxe zur Reduktion des Risikos febriler Neutropenien

Bis zur Entwicklung von Granulozyten-koloniestimulierenden Faktoren (G-CSF) war die febrile Neutropenie (FN) eine der am meisten gefürchteten Komplikationen einer myelosuppressiven Chemotherapie. „Die neutrophilen Granulozyten leiden am meisten unter den hämatotoxischen Chemotherapien, insofern stellt ihre präzise Erforschung als Abwehrzellen von Bakterien und die Entwicklung von G-CSF einen der Meilensteine in Hämatologie und Onkologie dar“, konstatiert Overkamp. „G-CSF hat neben den Antiemetika die ambulante Onkologie erst möglich gemacht“. Die prophylaktische Gabe von G-CSF zur Reduktion des Risikos febriler Neutropenien unter myelosuppressiver Therapie ist mittlerweile mit hoher Evidenz etabliert. Das Risiko für eine FN wird zum einen vom Chemotherapieregime, zum anderen von Grunderkrankung und individuellen Faktoren bestimmt. Mit Schweregrad und Dauer einer Neutropenie steigt das Risiko für eine FN an. Liegt eine entsprechende Indikation vor, z.B. bei dosisdichten Chemotherapien, soll G-CSF frühzeitig nach Ende der Chemotherapie gegeben werden.

 

Onpro-Kit: Ein innovatives Applikationssystem für Pegfilgrastim

Pegfilgrastim (Neulasta®) ist der erste pegylierte G-CSF. Durch die Pegylierung von Filgrastim hat es mit bis zu 80 Stunden eine deutlich längere Halbwertszeit als unpegyliertes Filgrastim und muss nur einmal pro Chemotherapiezyklus gegeben werden. Entscheidend für die Wirksamkeit der Prophylaxe mit G-CSF ist der Zeitpunkt der Anwendung. „Das ideale Zeitfenster hierfür beginnt ab 24 Stunden nach der Applikation der Chemotherapie“, konkretisierte Overkamp. Die Pegfilgrastim-Gabe früher als 24 h nach oder später als 72 h nach der Chemotherapie führt zu einem erhöhten Risiko für FN oder einer längeren Dauer der FN. Bisher mussten Patienten am Tag nach der Chemotherapie entweder erneut einen Arzt für die subkutane Injektion von Pegfilgrastim aufsuchen oder Pegfilgrastim selbst injizieren. Zur leichteren Durchführung der prophylaktischen G-CSF-Gabe wurde jetzt ein On-Body-Injektor (OBI) für Pegfilgrastim entwickelt, der Neulasta® Onpro®-Kit. „Hier haben wir einen deutlichen Fortschritt für die Patienten, von der täglichen Applikation von unpegyliertem Filgrastim, über die Einmalgabe von Pegfilgrastim frühestens 24 h nach Chemotherapie bis zum On-Body-Injektor“, sagte Overkamp.

 

Automatisch im richtigen Zeitfenster – Vorteile im Alltag für die Patienten

Der kleine batteriebetriebene OBI wird direkt nach der Chemotherapie an Arm oder Bauch aufgeklebt. Nach ca. 27 h wird automatisch Pegfilgrastim subkutan appliziert. „Die Pegfilgrastim-Gabe wird damit standardisiert und erfolgt automatisch immer im richtigen Zeitfenster“, fasste Overkamp zusammen. Der Einweginjektor muss durch das geschulte medizinische Personal vor Applikation mit einer speziellen Fertigspritze mit Neulasta® befüllt werden. Die Applikationsstelle für den OBI muss zunächst mit gewohnten Reinigungs- und Pflegeprodukten gereinigt werden. Der OBI ist wasserfest. „Man kann damit duschen und bis zu einer Stunde schwimmen. Das ist ein wichtiger Punkt für die Akzeptanz durch die Patienten und deren Lebensqualität“, so Overkamp. Durch Verwendung des OBI zur FNProphylaxe entfielen zusätzliche Fahrt- und Wartezeitenzeiten sowie Arbeitszeitverluste. „Ein wichtiger Aspekt, denn heute arbeiten mehr und mehr Patienten unter laufender Chemotherapie normal weiter“, kommentierte Overkamp. Ein Lämpchen signalisiert, wenn die Injektion vollständig erfolgt ist. Die Patienten können ihn dann selbst entfernen und über den Hausmüll entsorgen.

Wirksamkeit und Verträglichkeit der beiden Applikationsformen von Pegfilgrastim wurden in Studien als absolut gleichwertig beschrieben. So entspricht die Pharmakokinetik des Neulasta® Onpro-Kits der der subkutanen Fertigspritze von Neulasta®, wie eine offene Phase-I-Studie an gesunden Probanden zeigte (3). „Die Serumkonzentration-Zeit-Profile und pharmakokinetischen Parameter waren zwischen der Pegfilgrastim-Applikation durch manuelle Injektion und dem OBI in der Studie vergleichbar“, berichtete Overkamp. Auch die Häufigkeit Pegfilgrastim-assoziierter unerwünschter Ereignisse (Adverse Events, AEs) war in der Studie zwischen den beiden Injektionsmethoden vergleichbar. Wirksamkeit und Verträglichkeit des OBI untersuchte eine andere offene Studie an 150 gesunden Probanden, wobei der OBI sowohl am Oberarm als auch Bauch befestigt wurde (4). Dabei wurde eine in Viskosität und pH-Wert mit Pegfilgrastim vergleichbare Placebo-Pufferlösung injiziert.

Primärer Endpunkt war die erfolgreiche Applikation dieser Placebo-Pufferlösung basierend auf der Statusanzeige, der Füllstandanzeige und der Beobachtung von Leckagen. Als sekundärer Endpunkt wurden therapiebezogene AEs erfasst. 98,3% der insgesamt 297 Applikationen wurden als erfolgreich bewertet. „Bei Verwendung des OBI traten keine zusätzlichen Nebenwirkungen auf“, betonte Overkamp.

 

PARP-Inhibition beim rezidivierten Ovarialkarzinom

In den letzten Jahren bieten zielgerichtete Substanzen beim Ovarialkarzinom neue Therapieoptionen. „Nach der Antiangiogenese mit Bevacizumab standen DNA-Reparaturmechanismen im Fokus und nun zusätzlich die Immunonkologie, die jetzt auch in der gynäkologischen Onkologie Einzug hält“, berichtete PD Dr. Fabian Trillsch, München.

„Mit PARP-Inhibitoren können wir bei Zellen, bei denen ein Defekt der DNA-Reparaturmechanismen vorliegt, den Zelltod induzieren, während gesunde Zellen auf andere DNA-Reparaturmechanismen ausweichen können“. Die homologe Rekombination (HR) als DNA-Reparaturmechanismus spielt hierbei eine wichtige Rolle. Der hochkomplexe Prozess der HR setzt eine koordinierte Funktion verschiedener Gene voraus, wie z.B. BRCA 1 und 2 oder RAD51. Ein Verlust einer oder mehrere dieser Genfunktionen kann zu einer HRDefizienz (HRD) führen, die die Zelle empfänglich für die Therapie mit einem PARP-Inhibitor macht, denn die HR ist ein effektiver Weg, um DNA-Doppelstrangbrüche fehlerfrei zu reparieren. „So das Konzept und wir wünschen uns, dass wir vorab durch genetische Tests selektionieren können, welche Patientinnen von der PARP-Inhibition profitieren und welche nicht. Noch ist uns dies aber nicht möglich, wir können derzeit keine Patientinnengruppe vorab ausschließen“, erklärte Trillsch. Der Therapieeffekt alle PARP-Inhibitoren sei sehr deutlich und bewege sich in früher unbekannter Größenordnung.

Derzeit stehen in Deutschland mit Olaparib und Niraparib (Zejula®) zwei PARP-Inhibitoren für die Erhaltungstherapie beim Platin-sensiblen rezidivierten Ovarialkarzinom zur Verfügung.

Niraparib ist bisher der einzige PARP-Inhibitor, für den prospektive Phase-III-Daten aus der AGO-OVAR 2.22 / ENGOT-OV16 (NOVA)-Studie für Patientinnen mit und ohne BRCAKeimbahnmutation aus zwei getrennten Kohorten vorliegen (5). Daher ist Niraparib in der EU aufgrund der Ergebnisse der Zulassungsstudie bei Patientinnen mit gering differenziertem serösem Ovarialkarzinom mit einem Platin-sensiblen Rezidiv als Erhaltungstherapie nach Ansprechen auf die letzte Platin-haltige Chemotherapie zugelassen, während Olaparib aktuell nur bei Patientinnen mit BRCA-Mutation indiziert ist. In den USA ist außerdem Rucaparib für die Erhaltungstherapie nach Ansprechen auf eine Platin-basierte Chemotherapie verfügbar. „Bei Olaparib haben wir derzeit noch die Einnahme von 2 x 8 Kapseln pro Tag, was eine sorgfältige Planung der Einnahme mit Abstimmung der Mahlzeiten erfordert“, erklärte Trillsch. Bei Niraparib müssen maximal einmal täglich 3 Kapseln (300 mg) eingenommen werden, die Einnahme kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen.

Beim SGO-Kongress 2018 präsentierte der internationale Leiter der NOVA-Studie, Mansoor Mirza, Kopenhagen, eine retrospektive Analyse der Daten der NOVA-Studie, die den Einfluss des Körpergewichts der Patientinnen auf die Inzidenz von Grad-3/4-Ereignissen untersuchte (6). Der überwiegende Teil der in der NOVA-Studie mit Niraparib behandelten Patientinnen benötigte in den ersten 3-4 Monaten eine Dosisreduktion, die aber keine Auswirkungen auf die Effektivität der Therapie hatten, wie Trillsch betonte. Die retrospektive Analyse legte nahe, dass ein Zusammenhang zwischen niedrigem Ausgangskörpergewicht der Patientinnen und einer Thrombozytopenie ≥ Grad 3 besteht und bei gebrechlichen Patientinnen eine reduzierte Startdosis von 200 mg in Erwägung gezogen werden kann.

„Neben einem Körpergewicht von unter 77 kg wurde retrospektiv auch eine BaselineThrombozytenzahl von unter 150.000/µl als Prädiktor für eine frühzeitige Thrombozytopeniebedingte Dosismodifikation ermittelt“, ergänzte Trillsch. Zu betonen sei, dass nur bei 3% der Patientinnen die Therapie aufgrund von Thrombozytopenien abgesetzt wurde und die Patientinnen in ihrem Allgemeinzustand insgesamt nur wenig beeinträchtigt waren, so Trillsch weiter.

 

Kombination von PARP-Inhibitoren und Immuntherapeutika beim Ovarialkarzinom

Stellt man sich die Frage, wie es Tumorzellen gelingt, sich vor der Immunantwort zu schützen, steht unter anderem der PD-1-Rezeptor auf den T-Zellen im Fokus des Interesses. „Die Tumorzelle hat die Möglichkeit durch den entsprechenden Liganden den Rezeptor zu inhibieren und damit die Immunantwort zu unterdrücken“, erklärte Trillsch. Der Einsatz der Immunonkologie variiert zwischen den verschiedenen Tumortypen deutlich, was der Tumorbiologie und der Anzahl von Mutationen im Tumor geschuldet ist. „Bei einer hohen Mutationslast im Tumor wirken die Immuntherapien sehr gut – das Ovarialkarzinom liegt in dieser Hinsicht im mittleren Bereich.“ Der Kombination von PARP-Inhibitoren (PARPi) mit Immuntherapien liege die Überlegung zugrunde, durch den PARPi das genetische Milieu so beeinflussen, dass Immuntherapien besser wirken können, beschrieb Trillsch den erhofften Synergismus von durch PARP-i induzierten genetischen Modifikationen und CheckpointInhibitoren.

Auf dem SGO 2018 wurden hier zum einen die Daten zur Kombination des PARPi Olaparib mit dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab bei Patientinnen mit Platin-sensiblem rezidiviertem Ovarialkarzinom und BRCA-Keimbahnmutation aus der offenen Phase-II-Basket-Studie MEDIOLA vorgestellt (7). Die Kombination erwies sich als gut verträglich. Die vorläufige Analyse zur Wirksamkeit bei 32 Patientinnen ergab eine Gesamtansprechrate von 72%, bei Patientinnen mit nur einer Vortherapie von 77%. Die Krankheitskontrollrate nach 12 Wochen lag bei 81%.

 

Vielversprechende Hinweise auf Wirksamkeit von Niraparib und Pembrolizumab beim Platin-resistenten Ovarialkarzinom

Zum anderen wurden vorläufige Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit der Kombination von Niraparib und dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab bei Patientinnen mit Platin-resistentem Ovarialkarzinom aus der TOPACIO-Studie präsentiert (8). Die Phase-I/II-Studie schließt neben Patientinnen mit Platin-resistentem Ovarialkarzinom auch Patientinnen mit tripelnegativem Mammakarzinom ein. In diesen schwierig zu behandelnden Patientenpopulationen soll die Studie zeigen, ob die Kombination der beiden zielgerichteten Substanzen zu besseren Ergebnissen führt als die beiden Therapien jeweils alleine. „Die Phase I diente der Dosisfindung von Niraparib für die Kombination mit 200 mg Pembrolizumab i.v. an Tag 1 eines 21-tägigen Zyklus. Ermittelt wurde eine Dosierung von 200 mg Niraparib pro Tag“, erklärte Trillsch. In die Phase II wurden 53 Patientinnen mit Ovarialkarzinom eingeschlossen, von denen 51 bezüglich der Effektivität auswertbar waren. „73% der insgesamt 62 Patientinnen aus Phase I und II hatten keine BRCA-Mutation, bei weiteren 10% war der BRCA-Status unbekannt“, betonte Trillsch. 50% waren HRD-negativ, 53% PD-L1-positiv. Therapiebezogene unerwünschte Ereignisse ≥ Grad 3 waren selten: Bei nur 9% der Frauen kam es zu einer Thrombozytopenie ≥ Grad 3 und bei 19% zu einer Anämie ≥ Grad 3. Die objektive Ansprechrate (komplettes und partielles Ansprechen) bei allen 60 Patientinnen mit Platin-resistentem Ovarialkarzinom (inklusive der Platin-refraktären Patientinnen) lag bei 25% – „ein für diese Phase und dieses stark vorbehandelte Kollektiv ein extrem gutes Ergebnis, bei Chemotherapie haben wir zwischen 10 und 15%“, kommentierte Trillsch. Die Krankheitskontrollrate (DCR) lag bei 68%. Bei den 17 auswertbaren Platinrefraktären Patientinnen lag die ORR bei 24%, die DCR bei 59%.

Das gute Ansprechen auf die Kombinationstherapie aus PD-1-Inhibitor und PARP-Inhibitor zeigte sich unabhängig von dem HRD-Status (ORR=27% bei HRD-positiven und 29% bei HRD-negativen Patientinnen). Ebenfalls gutes Ansprechen zeigte sich bei Patientinnen mit und ohne BRCA-Mutation (29% und 26%). „Hier haben wir keinen so deutlichen Unterschied bezüglich des Ansprechens wie bei der PARP-Inhibition als Monotherapie, wohl aufgrund des synergistischen Effekts. Die untersuchten Biomarker BRCA, HRD und PD-L1 bieten also keine gute Möglichkeit der Prädiktion des Ausmaßes der Wirksamkeit“, erklärte Trillsch und resümierte: „Niraparib in Kombination mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab zeigt in dieser vorläufigen Analyse bei dieser schwierig zu behandelnder Kohorte höhere Wirksamkeit als beide Einzelsubstanzen alleine. Aufgrund der vielversprechenden Effektivität könnte die Kombination eine chemotherapiefreie Alternative darstellen. Es handelt sich hier jedoch noch um sehr frühe Daten, weiterführende Untersuchungen müssen die Effektivität bestätigen“.

 

 

Literatur

  1. Ehteshami Bejnordi B et al. JAMA 2017;318:2199-2210
  2. Basch E et al. J Clin Oncol 2017; 35: suppl; abstr LBA2
  3. Yang BB et al. Cancer Chemother Pharmacol 2015;75:1199-206
  4. Joshi RS et al. Curr Med Res Opin 2017;33:379-84
  5. Mirza MR et al. N Eng J Med 2016;375:2154-64
  6. Lord R et al. Safety and dose modification for patients with low body weight receiving niraparib in the ENGOT-OV16/NOVA phase III trial. Presented for the 49th Annual Meeting of the Society of Gynecologic Oncology, March 24-27, 2018; Abstract 20
  7. Drew Y et al. An open-label, Phase II basket study of olaparib and durvalumab (MEDIOLA):  Results in germline BRCA-mutated, platinum-sensitive relapsed ovarian cancer. Late Breaking Abstract 4
  8. Konstantinopoulos PA, et al. Topacio: Preliminary activity and safety in patients (pts) with platinum-resistant ovarian cancer (PROC) in a phase 1/2 study of niraparib in combination with pembrolizumab. Late Breaking Abstract 3

 

Autorin: Mascha Pömmerl, Feldkirchen-Westerham

 


Quelle: 41. Münchener Fachpresse-Workshop am 12. April 2018 in München; Gemeinsame Sponsoren: Amgen GmbH, Riemser Pharma GmbH und Tesaro Bio Germany GmbH (tB).

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