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Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2020 – ONLINE

Erweiterte Optionen zur Migräneprophylaxe

 

Berlin (24. Juli 2020) In die medikamentöse Behandlung von Patienten mit Migräne ist in den vergangenen Jahren Bewegung gekommen: Die CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide)-Antikörper zur Migräneprophylaxe haben die Behandlungsoptionen bei erfolglos vorbehandelten Patienten erweitert. Dies war ein Schwerpunktthema beim virtuellen Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2020 der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS). Erste praktische Erfahrungen mit CGRP-Antikörpern bestätigen weitgehend Ergebnisse der klinischen Zulassungsstudien. Für ältere Menschen mit Migräne sind die Therapieoptionen allerdings noch eingeschränkt.

„So wie die Triptane vor zwei Jahrzehnten die Qualität der Schmerztherapie im akuten Migräneanfall maßgeblich verbessert haben, erweitert die Einführung biologischer Hemmstoffe gegen CGRP zur Migräneprophylaxe die Behandlungsoptionen heute“, meint Dr. Astrid Gendolla, Neurologin aus Essen und Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS). CGRP ist ein Schmerzbotenstoff (Neuropeptid), der während einer Migräneattacke freigesetzt wird und stark gefäßerweiternd wirkt. Zugelassen sind derzeit drei CGRP-Inhibitoren, die entweder direkt am Molekül oder am CGRP-Rezeptor angreifen. Klinische Erfahrungen mit diesen Substanzen jenseits der Zulassungsstudien wurden beim virtuellen Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2020 diskutiert.

 

Nach drei Monaten Wirksamkeit beurteilen

Ein erstes Fazit: Bei einem großen Teil der multipel vorbehandelten Patienten nimmt unter der Therapie mit diesen neuen Substanzen die Attackenfrequenz ab, die Dauer der Attacken verkürzt sich und die Intensität der Kopfschmerzen ist reduziert. Allerdings lasse sich nicht vorhersagen, welcher Migränepatient auf welche Substanz reagiert, so Gendolla. Die Kopfschmerzspezialistin empfiehlt, Patienten mindestens drei Monate mit ein und demselben Prophylaktikum zu behandeln, bevor das Ansprechen abschließend beurteilt wird. Sie weist außerdem darauf hin, dass die Substanzgruppe bislang nur dann angewendet werden darf, wenn alle bislang üblichen Therapieversuche zur Migräneprophylaxe erfolglos ausgeschöpft worden sind.

Die Verträglichkeit der neuen Medikamente hat sich in klinischen Studien und in der bisherigen klinischen Praxis als gut erwiesen. Gendolla: „Zumindest aus Deutschland sind mir keine Berichte bekannt, wonach ein Patient aufgrund von Nebenwirkungen die Behandlung mit CGRP-Antikörpern abgebrochen hätte.“

 

Umgang mit Komorbiditäten bei Migräne

Ein Problem in der Migränetherapie stellen Komorbiditäten dar, vor allem bei älteren Menschen. So sind Triptane nur bis zum 65. Lebensjahr zugelassen, für ältere Migränepatienten gibt es kaum klinischen Daten. Im Falle kardiovaskulärer Erkrankungen sind Triptane kontraindiziert. CGRP-Antikörper sind bei entsprechenden Vorerkrankungen ebenfalls nicht zugelassen. Zudem steigt im Alter die Häufigkeit von Kopfschmerzen anderer Ursache, auch bei Migränepatienten, zum Beispiel bei Bluthochdruck oder bei Vorliegen eines Schlafapnoe-Syndroms. Dies muss in der Diagnostik berücksichtigt werden.

Manchmal lassen sich zwei Probleme auf einmal lösen, etwa indem ein hoher Blutdruck mit Betablockern gesenkt wird, die zugleich migräneprophylaktisch wirken. Dennoch besteht weiterhin Bedarf an neuen Medikamenten für Migränepatienten, die keine Triptane einnehmen können. Solche Substanzen werden derzeit entwickelt.

 

Weiterführende Links

 

Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) ist mit rund 4.000 Mitgliedern und 125 Schmerzzentren die führende Fachgesellschaft zur Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen. In enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Schmerzliga e. V. ist es ihr vorrangiges Ziel, die Lebensqualität dieser Menschen zu verbessern – durch eine bessere Diagnostik und eine am Lebensalltag des Patienten orientierte Therapie. Dafür arbeiten die Mitglieder der DGS tagtäglich in ärztlichen Praxen, Kliniken, Schmerzzentren, Apotheken, physiotherapeutischen und psychotherapeutischen Einrichtungen interdisziplinär zusammen. Der von der DGS gestaltete jährlich stattfindende Deutsche Schmerz- und Palliativtag zählt seit 1989 auch international zu den wichtigen Fachveranstaltungen und Dialogforen. Aktuell versorgen gut 1.200 ambulant tätige Schmerzmediziner die zunehmende Zahl an Patienten. Für eine flächendeckende Versorgung der 3,4 Millionen schwerstgradig Schmerzkranken wären mindestens 10.000 ausgebildete Schmerzmediziner nötig. Um eine bessere Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen zu erreichen, fordert die DGS ganzheitliche und bedürfnisorientierte Strukturen – ambulant wie stationär – sowie eine grundlegende Neuorientierung der Bedarfsplanung.

 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V., 24.07.2020 (tB).

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