MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Meilenstein in der Krebsversorgung am UKW: 100ste Patient erhält CAR-T-Zelltherapie

Würzburg (8. März 2023) — Die personalisierte Immuntherapie mit gentechnisch veränderten Abwehrzellen ist ein großer Hoffnungsträger in der Behandlung von Krebserkrankungen, die das blutbildende System betreffen. Das Uniklinikum Würzburg (UKW) ist sowohl in der Erforschung und Optimierung der Immuntherapien als auch in der Behandlung weltweit mit an der Spitze. Seit dem Jahr 2016 hat das Team der Station M41 insgesamt 100 Infusionen mit diesen gewissermaßen scharf gestellten T-Zellen verabreicht.

Auf der Station M41 des Uniklinikums Würzburg hat in dieser Woche der hundertste Patient eine CAR-T-Zelltherapie erhalten. Die personalisierte Immuntherapie mit gentechnisch veränderten Abwehrzellen ist eine große Hoffnung für Patientinnen und Patienten, die an einer hämatologischen Krebserkrankung leiden. Damit die körpereigenen Abwehrzellen die bösartigen Zellen in Blut, Knochenmark oder Lymphknoten besser aufspüren und vernichten können, wird den Betroffenen Blut abgenommen und eine so genannte Leukopherese durchgeführt. Das heißt, für die Gewinnung der individuellen T-Zellen werden die weißen Blutzellen, die Leukozyten, aus dem Blut des jeweiligen Erkrankten gefiltert und die verbleibenden Bestandteile des Blutes, Plasma und rote Blutzellen, wieder in den Kreislauf zurückgeführt. Im Labor werden die T-Zellen mit einem auf die Krankheit zugeschnittenen Oberflächenmarker, dem chimären Antigenrezeptor, kurz CAR, ausgestattet. Mit diesem Biosensor können die CAR-T-Zellen die Krebszellen besser erkennen und eliminieren.

 

Hervorragende Versorgung durch kompetentes Team

Seit dem Jahr 2016 hat das Team der Station M41 insgesamt 100 Infusionen mit diesen gewissermaßen scharf gestellten T-Zellen verabreicht. „Das ist in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein“, freut sich Prof. Dr. Max Topp. Der Schwerpunktleiter der Hämatologie und Leiter des CAR-T-Zellprogramms in der Medizinischen Klinik und Poliklinik II dankt vor allem seinem Team für die hervorragende Betreuung der Patientinnen und Patienten. „Die ersten 14 Tage nach der Infusion sind eine große Herausforderung für die Therapierten, das Pflegepersonal und das ärztliche Team.“ Durch die erhöhte Menge an Botenstoffen, die das Immunsystem ausschüttet, kann es zu extremen Reaktionen des Körpers kommen, Blutdruck und Atmung verändern sich, Wortfindungsstörungen oder gar Krampfanfälle können auftreten. Alles sei in der Regel reversibel, aber für den Moment natürlich bedrohlich. Für die Betreuung wurde daher das Personal durch eine zusätzliche Überwachungseinheit aufgestockt. „Durch detaillierte Schulungen und Erfahrungen hat jeder einzelne von uns ausgezeichnete Kompetenzen und Selbstvertrauen erlangt“, sagt Max Topp. „Das, gepaart mit exzellenter Infrastruktur, hilft uns, Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu handeln. Dadurch müssen am Uniklinikum Würzburg im internationalen Vergleich nur sehr wenige Patienten aufgrund von Komplikationen intensivmedizinisch betreut werden“, sagt Max Topp. „Wo andernorts zehn bis 15 Prozent der Patientinnen und Patienten nach der Infusion auf der Intensivstation betreut werden müssen, sind es in Würzburg nur zwei Prozent.“ Zusätzlich gibt es eine CAR-T-Zell Koordinatorin am UKW, die sämtliche Schritte – von der Leukopherese, über Herstellung der CAR-T-Zellen, ihrer Lagerung bei -180 Grad und der Applikation bis zum Behandlungsergebnis kontrolliert und dokumentiert.

 

Von guter Krankheitskontrolle bis hin zur Heilung

Bislang ist die CAR-T-Zelltherapie für vier Erkrankungen zugelassen: Für die Therapie des aggressiven, sehr schnell wachsenden Lymphoms, des langsam wachsenden, so genannten niedrig malignen Lymphoms, für die Behandlung der akuten lymphatischen Leukämie und des Multipen Myeloms, einer bösartigen Erkrankung des Knochenmarks.
„Beim Lymphom liegt die Heilungschance bei 30 bis 35 Prozent, auch bei der akuten lymphatischen Leukämie kann die Immuntherapie ein Weg zur Heilung bedeuten, und beim Myelom liegt eine gute Krankheitskontrolle vor, einige Patienten sind seit mehr als zwei Jahren krankheitsfrei“, berichtet Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II und Sprecher des neuen NCT-Standortes WERA. Der Verbund der Unikliniken Würzburg, Erlangen, Regensburg und Augsburg (WERA) wurde jüngst ins Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) aufgenommen. Ein wichtiger Schwerpunkt des NCT WERA wird unter anderem der weitere Ausbau der CAR-T-Zelltherapien und die Entwicklung neuer molekularer Therapeutika sein.

Das Uniklinikum Würzburg hat sich weltweit einen Namen auf dem Gebiet der Immuntherapien gemacht und war an sämtlichen Zulassungen für die verschiedenen Indikationen mit hochrangig publizierten Studien beteiligt. Während Hermann Einsele, Leo Rasche und Martin Kortüm vorwiegend die klinischen Myelom-Studien leiten, hat sich Max Topp auf die Lymphom- und Leukämie-Studien spezialisiert. „Bislang werden die T-Zellen vorwiegend in den USA aufbereitet, inzwischen haben sich jedoch auch Labore in Europa für die Herstellung von CAR-T-Zelltherapien etabliert. Und für einige Studien stellen wir die Infusionen selbst her“, sagt Hermann Einsele, der als Pionier in der CAR-T-Zelltherapie gilt und diese als erster in Europa klinisch eingesetzt hat.

Inzwischen sind die CAR-T-Zelltherapien schon bei verschiedenen Erkrankungen als Standardtherapie zugelassen, da sie der konventionellen Therapie überlegen sind. Zum Beispiel beim Non-Hodgkin-Lymphom, an dem der 35-jährige Christian Straub erkrankt ist, der hundertste Patient, der am UKW eine CAR-T-Zelltherapie erhielt.

 

 

 

Abb. oben: Christian Straub (35) erhielt als 100ster Patient am Uniklinikum Würzburg eine CAR-T-Zelltherapie. Nach der zehnminütigen Infusion der gentechnisch veränderten Abwehrzellen wird der Lymphdrüsenkrebs-Patient noch 14 Tage auf der Station M41 beobachtet. © Marcel Treutlein / UKW

 

 


Quelle: Universitätsklinikum Würzburg, 08.03.2023 (tB).

Schlagwörter: , , ,

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…