MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Hochauflösende 3D-Ansicht des Tumorinneren bei Brustkrebs mit optoakustischer Mesoskopie

 

München (26. Mai 2020) — Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Einzelne Tumore können sich erheblich voneinander unterscheiden und innerhalb ihrer Masse abweichende räumliche Muster aufweisen. Einem Forschungs-Team der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München ist es mit Hilfe der optoakustischen Bildgebung gelungen, räumliche Veränderungen von Tumoren sichtbar zu machen. Die Methode könnte für die Entwicklung neuer Medikamente hilfreich sein.

Bösartige Tumore verbrauchen Nährstoffe und Sauerstoff schneller als gesunde Zellen. Dazu nutzen sie die Blutgefäße in ihrer Umgebung. Je nach Tumorart und genetischem Profil gibt es Unterschiede im inneren Erscheinungsbild von Tumoren. In aller Regel weisen Tumore über ihr Volumen hinweg unterschiedliche Muster auf. Die Rolle dieser räumlichen Heterogenität ist bisher weder ausreichend verstanden noch an lebenden Tumoren untersucht worden. Heute übliche Verfahren wie die optische Mikroskopie, die zum besseren Verständnis biologischer Funktionen in Tumoren eingesetzt werden, ermöglichen nur begrenzte Erkenntnisse über die räumliche Heterogenität von Tumoren. Sie greifen lediglich auf Gewebemengen von weniger als einem Kubikmillimeter zu.


Hohe Auflösung durch neues Bildgebungsverfahren

Eine neue, von einem Münchner Forschungs-Team entwickelte Technik, die sogenannte multi-spektrale optoakustische Mesoskopie (MSOM), ist in der Lage, den optischen Kontrast von Tumorumfängen mit einer Auflösung abzubilden, die mindestens um das Tausendfache größer ist als die, die eine optische Mikroskopie liefert. Das ermöglicht es, Heterogenitätsmuster in Tumoren mit hoher Auflösung zu visualisieren. Bei diesem bildgebenden Verfahren wird der Tumor zunächst von allen Seiten mit Infrarot-Laserlichtpulsen angeregt. „Tumor und Gewebekomponenten, die diese optischen Impulse absorbieren, erfahren einen winzigen, vorübergehenden Temperaturanstieg, der zu einer geringen lokalen Volumenausdehnung und anschließenden Kontraktion führt. Dieser Ausdehnungs- und Kontraktionsprozess erzeugt ein schwaches Ultraschallsignal, das wir mit einem Detektor erfassen,“ erklärt Gastwissenschaftlerin Dr. Jiao Li.

Die gesammelten Daten werden mathematisch verarbeitet, um Lichtabsorptionsbilder der verschiedenen Tumormuster zu erhalten, die die Sauerstoff- und die Gefäßversorgung des Tumors widerspiegeln. „Mithilfe von MSOM lassen sich erstmals optische Bilder erzeugen, die das Innere von Tumoren bis zu einer Tiefe von zehn Millimetern und mehr sowie mit einer Auflösung von weniger als 50 Mikrometern abbilden“, sagt Dr. Li.


Funktionelle Vielfalt bei Tumoren verstehen

„Die Abbildung solider Tumorstrukturen mittels MSOM lässt uns Tumore in einem ganz neuen Licht sehen,“ sagt Prof. Vasilis Ntziachristos, Inhaber des Lehrstuhls für Biologische Bildgebung an der TUM und Direktor des Instituts für Biologische und Medizinische Bildgebung am Helmholtz Zentrum München. „Da Umfang und Tiefe der Bildgebung bei MSOM deutlich über die Möglichkeiten der optischen Mikroskopie hinausgehen, können wir mit Hilfe dieser Technologie nachvollziehen, wie die Tumorfunktionalität über einzelne Tumore hinweg variiert.“

So können Forscherinnen und Forscher auf Bildern von Mammakarzinomen bei Mäusen Muster erkennen, die auf das Vorhandensein oder Fehlen von Blutgefäßen hindeuten – und so die Muster der Blutversorgung untersuchen. MSOM kann auch den Hämoglobinspiegel abbilden und anzeigen, ob Sauerstoff an den roten Blutfarbstoff gebunden ist oder nicht. Darüber hinaus wurden MSOM-Bilder bereits verwendet, um die Durchlässigkeit von Gefäßwänden für Nanopartikel zu bestimmen. Am Mausmodell konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits nachverfolgen, wie winzige Goldpartikel transportiert wurden.


Tumorbilder in 3D ohne Operation

Im Gegensatz zur konventionellen Histologie, bei der Gewebe entfernt, zerschnitten und von einem Pathologen mikroskopisch untersucht wird, ermöglicht MSOM eine dreidimensionale Analyse ganzer lebender Tumore – ohne die Notwendigkeit einer operativen Biopsie. Durch das Verfahren werden Längsschnittuntersuchungen zusätzlich unterstützt, sodass Tumorwachstum oder -rückgang unter verschiedenen Medikamenten mit größerer Präzision untersucht werden können. All dies ebnet den Weg zu einem besseren Verständnis der biologischen Funktion und Wirksamkeit von Medikamenten bei Menschen.

 

 

Mehr Informationen

Die Forschungsarbeit wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Europäischen Forschungsrat (ERC) und der National Natural Science Foundation of China unterstützt.


Originalpublikation

  • Li, A. Chekkoury, J. Prakash, S. Glasl, P. Vetschera, B. Koberstein-Schwarz, I. Olefir, V. Gujrati, M. Omar, V. Ntziachristos: Spatial heterogeneity of oxygenation and hemodynamics in breast cancer resolved in vivo by conical multispectral optoacoustic mesoscopy. Light Sci Appl 9, 57 (2020). DOI: 10.1038/s41377-020-0295-y

 

 


Quelle: Technische Universität München, 26.05.2020 (tB).

Schlagwörter: ,

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…